Donnerstag, September 21, 2006

Frida in Frieden

Dumme Sätze, die ich in Kunstausstellungen nie wieder hören möchte: 1. "Die ist ja gar nicht so hässlich, aber diese Augenbraue, die sie sich da immer gemalt hat, nein nein nein ..." 2. "Hatte sie denn nun drei oder vier Fehlgeburten?" 3. "Dieser Diego, der war ja sooo hässlich, was wollte sie denn nur von dem?" 4. "Siehste, das war in dem Film auch so..." Ich muss gestehen, ich weiß auch nicht viel über Frida Kahlo. Aber ich mag die meisten ihrer Bilder sehr, teilweise wegen der Farben, teilweise, weil sie sehr verstörend sind, teilweise auch gerade weil ich sie nicht bis ins Letzte verstehe. Ich habe aber sonst nur den Film gesehen, und ich werde mich in den nächsten Monaten sicher endlich mal intensiver mit der Malerin befassen. Fürs erste aber hab ich mir mal die Ausstellung im Bucerius Kunstforum angesehen. Und hatte nicht so viel Spaß dabei, wie ich gehofft hatte. Das lag aber nicht an den Bildern, sondern daran, dass ich festgestellt hab, dass mich an Ausstellungen das gleiche stört wie an Konzerten: Es gehen immer auch noch so viele andere Leute hin. In diesem Fall pseudo-intellektuelle Damen mittleren Alters, die in einem VHS-Töpferkurs besser aufgehoben gewesen wären. Die mich eigenartig angesehen haben, weil ich Jeans und T-Shirt und kein altrosafarbenes Twinset trug. Die wie ich wenig Ahnung von Frida Kahlo haben, im Gegensatz zu mir aber auch keinen Pinsel gerade halten können und - das ist der Hauptunterschied - nicht einfach mal die Klappe halten können. Es ist ja nicht schlimm, wenn man sich nicht so gut auskennt: Die Schönheit eines Gedichts von Heine erschließt sich einem auch ohne literaturwissenschaftliches Studium. Hintergrundwissen öffnet einem sicher noch mal eine ganz neue Welt, aber genießen kann man es auch so. So geht es mir mit Frida Kahlo. Ich schau ihre Bilder gern an, auch wenn ich sie nicht alle bis ins letzte Detail durchschaue. Das kann ich aber zu Hause nacharbeiten, wenn ich das möchte. In der Ausstellung aber möchte ich mir in Ruhe die Bilder anschauen, und, weil ich kurzsichtig bin, auch gern von ganz nah. Ich fand es ganz wunderbar, dass man bis auf einen halben Meter an die Bilder heran und ganz genau die Pinselstriche und Farben anschauen konnte. Bis einen die alten Damen, die in drei Meter Abstand standen, baten, aus dem Weg zu gehen. Ich schau mir aber gern Bilder von nahem an. Ich würde sie noch viel lieber anfassen, um sie richtig zu begreifen, um die Pinselführung nachvollziehen zu können, aber das wird in Museen im Allgemeinen als unfein empfunden. Ich möchte mir die begleitenden Texte selbst durchlesen, vor allem aus dem einen Grund: weil ichs kann. Ich brauche niemanden neben mir, der mir die Texte in halblautem Murmelton ins Ohr brabbbelt. Oder mir erklärt, was auf den Bildern zu sehen ist. Das krieg ich auch grad noch allein hin. Komisch - in anderen Ausstellungen ist mir das noch nie so aufgefallen. Liegt das an Frida, dass da so viele Frauen hingehen, die so pseudo-intellektuell-alternativ-emanzipatorisch-feministisch-nervig sind? Wahrscheinlich schon. Schade, das hat die Frida nicht verdient. Ich hab mir jetzt wider alle Vernunft den sauteuren Katalog bestellt und schau mir die Bilder zu Hause noch mal in Ruhe an. Bei einer schönen Tasse Tee und keinen weiteren Geräuschen als ein wenig leiser Musik.

10 Comments:

At 9/21/2006 05:58:00 PM, Blogger Alke said...

Ja!
Ich mag die Bilder von Frida Kahlo. Zumindest die meisten.
Weil sie nicht auf einen Blick ergründbar sind. Weil es so viele Einzelheiten gibt und vielleicht, weil ich auch mit kräftigen Augenbrauen geschlagen bin.
Mich nerven pseudo-intellektuell-alternativ-emanzipatorisch-feministisch-nervige Frauen in Kunstausstellungen auch.
Ich möchte in einer Kunstausstellung Bilder ansehen und mich dabei wohlfühlen dürfen und ich möchte das in Jeans und t-shirt dürfen.
Jawoll.
Danke!

Ich mag Deinen Blog.

 
At 9/21/2006 06:39:00 PM, Anonymous Anonym said...

Das liegt definitiv an Frida: Genau die von Dir beschriebenen Damen in genau diesem Outfit standen im Bucerius-Forum herum, als ich mit meinem Besuch die Männerquote auf 0,45 % gehoben habe.

 
At 9/22/2006 10:00:00 AM, Blogger Kirsten said...

@Alke: Vielen Dank, ich dachte schon, ich wäre komisch. ;-) Was wohl auch die komischen Blicke provoziert hat, war die Tatsache, dass ich mein Handy dabei hatte (auf Vibration natürlich) und mir beim Leser einer SMS ein leiser Jubelschrei gegen 17.10 Uhr entfuhr. Aber wenn Dortmund doch gerade ein Tor geschossen hatte... :-D

Ansonsten danke: ich Deins aber auch. ;-)

@Alexander: Stimmt. Es waren nur etwa 3,75 Männer da am Samstag. Im Shop nachher waren gar keine mehr. :-)

 
At 9/22/2006 01:01:00 PM, Blogger annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung said...

jaja, die lieben kunstbeflissenen, pseudo-bewussten, mittelalten damen....grauslich. aber am liebsten höre ich immer noch den satz: das kann ich auch.....solche leute sollte man sofort rausschmeißen

 
At 9/23/2006 11:05:00 AM, Blogger creezy said...

Öhem, die Fehlgeburtenfrage ist tatsächlich heftig.

Ansonsten sind Vernissagen/Ausstellungen schon immer ein nettes Pflaster um Sozialstudien zu betreiben. Bei Fotoausstellungen dividieren die Besucher ja in solche, wie Du sie treffsicher beschrieben hast und den Technikfreaks (obowhl die seltener in Ausstellungen gehen…)

Zu Frida (ich bin neidisch, dass die Ausstellung bei Euch ist) eine Buchempfehlung: 'Mexikanische Feste. Die Fiestas der Frida Kahlo.' Das ist eigentlich ein Kochbuch, von der Stieftochter von Frida sehr liebevoll geschrieben. Es soll eines der ursprünglichsten Kochbücher (Frida war ja begeisterte Hausfrau nebenbei) der mexikanischen Küche sein, auf der anderen Seite erzählt die Tocher sehr liebevoll aus dem Leben von Frida. Und die Fotos sind auch wunderschön, da ist auch ein Foto vom blauen Haus (das Eindeutig die Vorlage für mein Traumhaus ist) drinnen. Und ja, Frida Kahlo war wunderschön!

 
At 9/23/2006 11:09:00 AM, Blogger Kirsten said...

Hey, danke für den Tipp! Das klingt wirklich gut.

Und sie war wirklich schön - ich habe mir schwarz-weiß Postkarten mit Fotos von ihr gekauft, da sieht sie wirklich zum Weinen wunderbar aus. Aber das verstehen diese alten Ziegen ja nicht...

 
At 9/24/2006 10:14:00 AM, Blogger creezy said...

Ja, ja – wenn Du eine Amazon-Wunschliste hättest … ;-)

Ich habe diese Diskussion über die Schönheit oder Nichtschönheit der Frida Kahlo nie begriffen. Denn für heutige Begriffe war sie doch wirklich eine schöne Frau. Ich frage mich, ob da Ressentiments bezüglich ihres Aussehens aus ihrer Zeit sich rübergerettet haben in unsere?

 
At 9/25/2006 01:01:00 PM, Blogger annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung said...

nun kann ich endlich mal angeben: ich war ja schon mal in fridas haus in mexiko. ohjaaaa. mädels, das tät schon passen. vor allem auch ein sehr schöner garten und das noch dazu im geilsten viertel von mexiko-city. sowas gibts einfach nur da...die blumen, die bunten kleinen häuser....*seufz. und die bilder von ihr hab ich natürlich auch gesehen, aber eben in mexiko. die arbeiten ihres kerls sind da ja überall, wobei ich die wandgemälde in der antionalversammlung wirklich geil fand.

 
At 9/25/2006 01:39:00 PM, Blogger Kirsten said...

@Creezy: Ich habe eine Wunschliste, die ist bloß schon Jahre alt...
Und im Grund ist die Frage nach ihrer Schönheit vollkommen irrelevant - es geht ja um ihre Bilder.

@Anna: Neid...

 
At 9/25/2006 01:41:00 PM, Blogger annalog - rheinisch-westfälische völkerverständigung said...

fein neidisch sein...*freu

 

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